Vision
Die letzten zehn Jahre habe ich dem Schreiben gewidmet, Analysen angestellt, soziale Räume und subtile Emotionen beschrieben und versucht, sie für mich einzuordnen. Ich habe mich darüber definiert — wie viel kann ich wissen, verstehen, erklären? Wie differenziert kann ich globale Zusammenhänge wahrnehmen, wie feinfühlig kann ich sie erfassen? Doch ganz gleich, wie treffend manche Formulierungen waren, wie gut meine Texte in der Branche ankamen oder wie oft ich Lob für meine Fähigkeit erhielt, menschliche Dynamiken auf den Punkt zu bringen — ein paar grundsätzliche, abgekapselte Überzeugungen in mir konnte ich trotz dieser kleinen Erfolge nie berühren. Das Unbehagen, irgendwie falsch zu sein. Die Angst davor, im Unrecht zu liegen. Das Gefühl, keine wirkliche Existenzgrundlage, keine Daseinsberechtigung zu haben.
Diese abgekapselten Überzeugungen ließen sich nicht rationalisieren und sie ließen sich auch nicht durch bloßes Gedankenkreisen verändern. Erst durch die direkte Arbeit mit meinem Körper, durch Berührung und Bewegung, konnte ich diese tief sitzenden Überzeugungen fühlen und ihnen begegnen. Sie waren jenseits des Intellekts gespeichert und wurden nur auf dieser Eben zugänglich, transformierbar. Davor waren sie als Grundrauschen wahrnehmbar, als permanentes Gefühl von Fahrerflucht, und ich hatte lange Zeit Angst, sie in mir zu berühren oder tiefer zu empfinden. Die Räume und Rahmenbedingungen dafür stimmten einfach nicht: Ich fand in der deutsch-christlichen Nachkriegskultur, in der ich aufgewachsen bin, wenig Hilfestellung, um mit diesem „Grundrauschen“ umzugehen. Mir fehlten niedrigschwellige, gut strukturierte und transparente Angebote, die nicht mit spirituellen Ideologien aufgeladen waren oder eine verborgene Agenda verfolgten.
Mittlerweile habe ich Räume, Menschen und Strukturen entdeckt, die mich seit einigen Jahren auf einer intensiven Reise begleiten, die Praktiken der Körperarbeit wie Breathwork, Meditation, Holistic Bodywork und Tantramassagen umfasst.
Weil ich die Erfahrungen in der Körperarbeit für mich als so grundlegend wahrnehme und ich sehe, dass sie in unserer Kultur noch wenig verankert sind, ist es für mich nur logisch, eigene Räume ins Leben zu rufen. Ich möchte Workshops gestalten, in denen das Zusammenspiel von intellektuellem Begreifen und emotionaler sowie physischer Verkörperung in einem modernen, traumasensiblen und nervensystemfreundlichen Raum möglich wird.
Meine Arbeit sehe ich als Beitrag zu einer Kultur, die wir sowohl neu erschaffen müssen als auch tief in uns tragen. Eine Kultur, die auf Empathie gründet und Raum für Fehler bietet, die das Fühlen und Spüren ebenso einbezieht wie den Verstand. Was mich dabei leitet, ist die Ehrlichkeit und Transparenz in meinen Texten und — das ist zumindest mein Wunsch — zunehmend auch in meinem Sein. Gemeinsam mit euch möchte ich eine neue Welt gestalten, in der wir alle ehrlicher leben können.